Angela Dorothea Merkel prägte als erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland 16 Jahre lang die deutsche und europäische Politik. Von 2005 bis 2021 führte die CDU-Politikerin die Regierungsgeschäfte und galt zeitweise als mächtigste Frau der Welt. Ihre Kanzlerschaft war geprägt von bedeutenden Krisen wie der Finanzkrise, der Flüchtlingskrise 2015 und der COVID-19-Pandemie. Als Physikerin mit ostdeutscher Biografie verkörperte sie einen sachlichen, wissenschaftlich geprägten Politikstil, der ihr international Anerkennung einbrachte.
Angela Merkel: Schlüsseldaten im Überblick
- Vollständiger Name: Angela Dorothea Merkel (geb. Kasner)
- Titel: Bundeskanzlerin a.D. der Bundesrepublik Deutschland
- Geboren: 17. Juli 1954 in Hamburg
- Partei: Christlich Demokratische Union (CDU)
- Ausbildung: Promotion in Physik (Quantenchemie)
- Kanzlerschaft: 22. November 2005 bis 8. Dezember 2021
- Besonderheiten: Erste Frau im Kanzleramt, erste Ostdeutsche, erste Naturwissenschaftlerin in diesem Amt
Kindheit und Jugend in der DDR
Angela Dorothea Kasner wurde am 17. Juli 1954 in Hamburg geboren. Ihre Eltern waren der evangelische Theologe Horst Kasner und die Lehrerin Herlind Kasner. Bereits wenige Wochen nach ihrer Geburt siedelte die Familie in die DDR über, wo ihr Vater eine Pfarrstelle in Quitzow (Brandenburg) antrat. 1957 zog die Familie nach Templin in der Uckermark, wo Angela Kasner in einem kirchlich geprägten Umfeld aufwuchs.
Ihr Leben in der DDR war geprägt vom Spannungsfeld zwischen staatlichen Anforderungen und kirchlichem Einfluss. Als Tochter eines Pfarrers erlebte sie die Begrenzungen, die das sozialistische System für Kinder aus christlichen Familien mit sich brachte. Dennoch gelang es ihr, sich im DDR-System zu behaupten. Sie wurde Mitglied der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und engagierte sich dort als Kulturreferentin.
Ausbildung und wissenschaftliche Karriere
Merkel besuchte die Polytechnische Oberschule in Templin und legte 1973 an der Erweiterten Oberschule das Abitur mit der Note 1,0 ab. Sie erhielt die Lessing-Medaille für herausragende schulische Leistungen. Anschließend studierte sie von 1973 bis 1978 Physik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig. Um ihr Einkommen während des Studiums aufzubessern, arbeitete sie nebenberuflich als „Bardame“ in Diskotheken.
„Ich hatte das Glück, dass ich in der DDR eine naturwissenschaftliche Ausbildung machen konnte. In den Naturwissenschaften musste man sich an Fakten halten, da konnte man nicht so viel ideologisieren.“
Nach ihrem Diplom in Physik arbeitete Merkel am Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften in Berlin-Adlershof. 1986 promovierte sie mit einer Dissertation zum Thema „Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ zum Dr. rer. nat. Ihre wissenschaftliche Karriere setzte sie bis zum politischen Umbruch in der DDR fort.
Privatleben: Die Person hinter der Politikerin
Angela Merkels Privatleben ist geprägt von Diskretion und Zurückhaltung. 1977 heiratete sie während ihres Physikstudiums den Physikstudenten Ulrich Merkel. Die Ehe wurde 1982 geschieden, doch sie behielt seinen Nachnamen. 1984 lernte sie an der Akademie der Wissenschaften den Quantenchemiker Joachim Sauer kennen, den sie am 30. Dezember 1998 heiratete. Das Paar hat keine gemeinsamen Kinder, Joachim Sauer brachte zwei Söhne aus erster Ehe mit in die Beziehung.
Trotz ihrer herausgehobenen Position als Bundeskanzlerin legte Merkel stets Wert auf ein gewisses Maß an Normalität und Privatsphäre. Das Ehepaar bewohnt eine Wohnung am Kupfergraben in Berlin, in unmittelbarer Nähe zur Humboldt-Universität. Zudem besitzen sie seit 1985 ein Wochenendhaus in Hohenwalde in der Uckermark.
Zu Merkels Hobbys zählen Wandern, Kochen und Gartenarbeit. Bekannt ist auch ihre Vorliebe für die Opern Richard Wagners. Regelmäßig besucht sie mit ihrem Mann die Bayreuther Festspiele. Ihre Urlaube verbringt das Ehepaar seit Jahren an denselben Orten: zu Ostern auf der italienischen Insel Ischia, im Sommer zum Wandern in Südtirol und im Winter zum Skilanglauf im Schweizer Engadin.
Merkels Freizeit-Vorlieben
- Opernbesuche: Regelmäßige Teilnahme an den Bayreuther Festspielen
- Wandern: Sommerurlaube in Sulden im Vinschgau/Südtirol
- Skilanglauf: Winterurlaube in Pontresina im Schweizer Engadin
- Kochen: Bekannt für ihre Kartoffelsuppe und Rouladen
- Gartenarbeit: Am Wochenendhaus in der Uckermark
Politische Karriere: Vom Mauerfall ins Kanzleramt
Angela Merkels politische Karriere begann mit dem Zusammenbruch der DDR. Im Herbst 1989, während der friedlichen Revolution, trat sie der demokratischen Bürgerbewegung „Demokratischer Aufbruch“ (DA) bei. Zunächst arbeitete sie als Systemadministratorin, später als Pressesprecherin der Partei. Nach der ersten freien Volkskammerwahl im März 1990 wurde sie stellvertretende Regierungssprecherin der Regierung unter Lothar de Maizière.
Aufstieg in der CDU
Mit der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenschluss des Demokratischen Aufbruchs mit der West-CDU begann Merkels steiler Aufstieg in der Christlich Demokratischen Union:
Zeitraum | Position | Besonderheiten |
1990 | Einzug in den Deutschen Bundestag | Direktmandat im Wahlkreis Stralsund-Rügen-Grimmen |
1991-1994 | Bundesministerin für Frauen und Jugend | Erste Ministerposition unter Helmut Kohl |
1993-2000 | CDU-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern | Verankerung in Ostdeutschland |
1994-1998 | Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit | Präsidentin der UN-Klimakonferenz 1995 in Berlin |
1998-2000 | Generalsekretärin der CDU | Distanzierung von Helmut Kohl während der CDU-Spendenaffäre |
2000-2018 | Bundesvorsitzende der CDU | Längste Amtszeit einer CDU-Vorsitzenden |
2002-2005 | Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion | Oppositionsführerin gegen Rot-Grün |
2005-2021 | Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland | Erste Frau und erste Ostdeutsche im Kanzleramt |
Der Weg ins Kanzleramt
Ein entscheidender Moment in Merkels Karriere war ihre Distanzierung von Altkanzler Helmut Kohl während der CDU-Spendenaffäre 1999. In einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung forderte sie die Partei auf, sich von Kohl zu lösen. Dieser mutige Schritt brachte ihr den Spitznamen „Vatermörderin“ ein, ebnete aber auch den Weg für ihren Aufstieg zur Parteivorsitzenden im Jahr 2000.
„Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross, wie Helmut Kohl sich oft selbst gerne genannt hat, den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen.“
Bei der Bundestagswahl 2002 verzichtete Merkel zugunsten von Edmund Stoiber (CSU) auf eine Kanzlerkandidatur. Nach der Wahlniederlage der Union wurde sie Oppositionsführerin im Bundestag. Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat sie als Kanzlerkandidatin an. Obwohl das Wahlergebnis für die Union mit 35,2 Prozent enttäuschend ausfiel, wurde Merkel nach Verhandlungen mit der SPD am 22. November 2005 zur ersten Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Die Merkel-Ära: 16 Jahre Kanzlerschaft
Angela Merkels 16-jährige Amtszeit als Bundeskanzlerin war geprägt von zahlreichen nationalen und internationalen Krisen. Ihre Kanzlerschaft lässt sich in vier Kabinette unterteilen, in denen sie mit unterschiedlichen Koalitionspartnern regierte:
Kabinett | Zeitraum | Koalitionspartner | Wichtige Ereignisse |
Merkel I | 2005-2009 | SPD (Große Koalition) | Weltfinanzkrise, G8-Vorsitz, EU-Ratspräsidentschaft |
Merkel II | 2009-2013 | FDP (Schwarz-Gelbe Koalition) | Eurokrise, Energiewende nach Fukushima |
Merkel III | 2013-2018 | SPD (Große Koalition) | Flüchtlingskrise 2015, Brexit-Referendum |
Merkel IV | 2018-2021 | SPD (Große Koalition) | COVID-19-Pandemie, Klimapolitik |
Schlüsselmomente und Erfolge der Kanzlerschaft
Management der Finanzkrise (2008-2009)
Als Reaktion auf die weltweite Finanzkrise 2008 brachte die Regierung Merkel zwei große Konjunkturpakete mit einem Gesamtvolumen von über 60 Milliarden Euro auf den Weg. Die Einführung der Abwrackprämie und die Ausweitung der Kurzarbeit halfen, die deutsche Wirtschaft zu stabilisieren. Deutschland überstand die Krise im internationalen Vergleich relativ gut.
Eurokrise und europäische Stabilität (2010-2012)
In der Eurokrise setzte Merkel auf einen strikten Sparkurs für die betroffenen Länder, kombiniert mit Rettungspaketen. Sie war maßgeblich an der Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) beteiligt. Ihre Politik des „Förderns und Forderns“ wurde international kontrovers diskutiert, trug aber zur Stabilisierung der Eurozone bei.
„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“
Energiewende nach Fukushima (2011)
Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima vollzog Merkel eine radikale Kehrtwende in der Energiepolitik. Obwohl sie zuvor eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke unterstützt hatte, beschloss ihre Regierung im Juni 2011 den Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 und den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien. Diese „Energiewende“ stellte einen historischen Wandel in der deutschen Energiepolitik dar.
Flüchtlingskrise 2015
Der wohl umstrittenste Moment in Merkels Kanzlerschaft war ihre Entscheidung im September 2015, tausenden Flüchtlingen die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, die in Ungarn festsaßen. Ihr Satz „Wir schaffen das“ wurde zum Symbol dieser Politik. Die Aufnahme von über einer Million Geflüchteten in den Jahren 2015/2016 polarisierte die deutsche Gesellschaft und führte zu heftigen politischen Debatten.
Befürworter der Flüchtlingspolitik
- Humanitäre Verantwortung Deutschlands
- Einhaltung internationaler Verpflichtungen
- Demografische Chance für alternde Gesellschaft
- Stärkung des internationalen Ansehens Deutschlands
Kritiker der Flüchtlingspolitik
- Überforderung von Kommunen und Behörden
- Sicherheitsbedenken und Integrationsherausforderungen
- Fehlende europäische Lösung
- Stärkung rechtspopulistischer Bewegungen
COVID-19-Pandemie (2020-2021)
In der Corona-Krise zeigte sich Merkels wissenschaftlich geprägte Herangehensweise besonders deutlich. Als promovierte Physikerin erklärte sie der Bevölkerung komplexe epidemiologische Zusammenhänge und warb für evidenzbasierte Maßnahmen. Ihre ruhige, sachliche Kommunikation und ihr entschlossenes Handeln fanden international Anerkennung. Am 18. März 2020 wandte sie sich in einer seltenen Fernsehansprache direkt an die Bevölkerung.
„Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.“
Internationale Rolle: Kanzlerin der freien Welt
Angela Merkel entwickelte sich während ihrer Amtszeit zu einer der einflussreichsten Figuren der Weltpolitik. Das US-Magazin Forbes kürte sie zwischen 2006 und 2020 fast ununterbrochen zur mächtigsten Frau der Welt. 2015 ernannte das Time Magazine sie zur „Person des Jahres“ und bezeichnete sie als „Chancellor of the Free World“ (Kanzlerin der freien Welt).
Beziehungen zu wichtigen Partnern
USA
Merkels Beziehung zu den USA war von Pragmatismus geprägt. Mit Barack Obama pflegte sie eine enge Zusammenarbeit, die auf gegenseitigem Respekt basierte. Das Verhältnis zu Donald Trump gestaltete sich deutlich schwieriger. Die NSA-Abhöraffäre 2013, bei der bekannt wurde, dass US-Geheimdienste Merkels Handy überwacht hatten, belastete die deutsch-amerikanischen Beziehungen.
Frankreich
Die deutsch-französische Achse blieb unter Merkel ein zentraler Pfeiler der europäischen Politik. Mit den Präsidenten Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy, François Hollande und Emmanuel Macron arbeitete sie eng zusammen, um die Europäische Union voranzubringen und Krisen zu bewältigen. Das „Tandem Merkel-Macron“ prägte die letzten Jahre ihrer Kanzlerschaft.
Russland
Zu Russlands Präsident Wladimir Putin pflegte Merkel ein komplexes Verhältnis. Als eine der wenigen westlichen Führungspersönlichkeiten sprach sie fließend Russisch und konnte direkt mit Putin kommunizieren. Sie verurteilte die Annexion der Krim 2014 und setzte Sanktionen durch, hielt aber gleichzeitig an Projekten wie Nord Stream 2 fest.
Europäische Integration
Als Kanzlerin der größten Volkswirtschaft Europas spielte Merkel eine Schlüsselrolle in der Europäischen Union. Während der verschiedenen Krisen – von der Eurokrise über die Flüchtlingskrise bis zur COVID-19-Pandemie – setzte sie sich für gemeinsame europäische Lösungen ein. Kritiker warfen ihr allerdings vor, zu zögerlich zu agieren und zu sehr auf deutsche Interessen bedacht zu sein.
„Wenn der Euro scheitert, scheitert Europa. Das darf nicht passieren.“
Ein bedeutender Erfolg ihrer europäischen Politik war die Verabschiedung des 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020. Dieser Fonds, der erstmals eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Staaten vorsah, wurde als historischer Schritt in der europäischen Integration gewertet.
Führungsstil und politisches Erbe
Angela Merkels Führungsstil war geprägt von Pragmatismus, Sachlichkeit und Kompromissbereitschaft. Als promovierte Naturwissenschaftlerin brachte sie eine analytische, faktenbasierte Herangehensweise in die Politik ein. Ihr Credo „Erst nachdenken, dann reden, dann handeln“ spiegelte sich in ihrer bedächtigen, oft abwartenden Politikgestaltung wider.
Charakteristische Merkmale ihres Politikstils
- Pragmatismus: Lösungsorientiertes Handeln statt ideologischer Debatten
- Sachlichkeit: Nüchterne, faktenbasierte Analyse komplexer Probleme
- Geduld: Abwarten und Beobachten, bevor Entscheidungen getroffen werden
- Kompromissfähigkeit: Suche nach konsensfähigen Lösungen
- Krisenfestigkeit: Ruhe und Besonnenheit in schwierigen Situationen
- Diskretion: Zurückhaltung in der öffentlichen Kommunikation
- Ausdauer: Langfristiges Denken und Handeln
Die „Merkel-Raute“ – charakteristische Geste der Bundeskanzlerin
Die Merkel-Raute
Die charakteristische Handhaltung, bei der Merkel ihre Hände vor dem Bauch zu einer rautenförmigen Geste formt, wurde zu ihrem Markenzeichen. Die „Merkel-Raute“ entwickelte sich zu einem Symbol ihrer Kanzlerschaft und wurde sogar im Wahlkampf 2013 auf einem riesigen Plakat in Berlin abgebildet.
Das Phänomen „Mutti Merkel“
Im Laufe ihrer Kanzlerschaft entwickelte sich der zunächst ironisch gemeinte Spitzname „Mutti“ zu einem Ausdruck des Vertrauens vieler Deutscher in ihre Kanzlerin. Merkel verkörperte für viele Bürger Stabilität, Verlässlichkeit und Sicherheit in turbulenten Zeiten. Ihre unprätentiöse Art, ihre Bodenständigkeit und ihre sachliche Kommunikation trugen zu diesem Image bei.
„Ich bin nicht die Mutter der Nation. Ich bin die Bundeskanzlerin.“
Kritik und Kontroversen
Trotz ihrer hohen Popularitätswerte war Merkels Politik nicht unumstritten. Kritiker warfen ihr vor allem vor:
- Zögerlichkeit: Zu langes Abwarten bei wichtigen Entscheidungen („Merkeln“ wurde zum Jugendwort)
- Mangelnde Vision: Fokus auf Krisenmanagement statt langfristiger Gestaltung
- Flüchtlingspolitik: Kontroverse um die Aufnahme von Flüchtlingen 2015/2016
- Energiepolitik: Abrupte Kehrtwende beim Atomausstieg nach Fukushima
- Austeritätspolitik: Zu starke Sparvorgaben für südeuropäische Länder in der Eurokrise
- Digitalisierung: Zu wenig Fortschritt bei der digitalen Transformation Deutschlands
Feministische Ikone wider Willen
Obwohl sich Merkel selbst nie als Feministin bezeichnete, wurde sie für viele Frauen weltweit zu einer Symbolfigur weiblicher Führungsstärke. Als erste Frau im Kanzleramt und als eine der wenigen weiblichen Regierungschefs in der G20 bewies sie, dass Frauen in höchsten politischen Ämtern erfolgreich sein können. Ihr sachlicher, uneitler Führungsstil und ihre Fokussierung auf Inhalte statt auf ihr Geschlecht prägten ihr Wirken.
„Ich habe mich nie auf das Frausein konzentriert. Ich wollte einfach meine Arbeit gut machen.“
Abschied und Vermächtnis
Nach 16 Jahren als Bundeskanzlerin kündigte Angela Merkel 2018 an, bei der Bundestagswahl 2021 nicht mehr anzutreten. Im Dezember 2018 gab sie den CDU-Vorsitz an Annegret Kramp-Karrenbauer ab. Am 8. Dezember 2021 übergab sie das Kanzleramt an ihren Nachfolger Olaf Scholz (SPD).
Zu ihrer Verabschiedung erhielt Merkel einen Großen Zapfenstreich, die höchste militärische Ehrung in Deutschland. Für die musikalische Untermalung wählte sie drei Lieder aus, die ihre Biografie widerspiegelten: „Du hast den Farbfilm vergessen“ von Nina Hagen (ein Bezug zu ihrer DDR-Vergangenheit), „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef und das christliche Kirchenlied „Großer Gott, wir loben dich“.
Merkels Vermächtnis
Das politische Erbe Angela Merkels wird unterschiedlich bewertet und wird sich erst in den kommenden Jahren vollständig zeigen. Zu ihren bleibenden Verdiensten zählen:
- Stabilität in Krisenzeiten: Führung Deutschlands durch multiple Krisen
- Europäische Integration: Erhalt und Stärkung der EU trotz zahlreicher Herausforderungen
- Internationale Anerkennung: Stärkung des deutschen Ansehens in der Welt
- Wissenschaftsbasierte Politik: Faktenorientierte Entscheidungsfindung
- Vorbildfunktion: Erste Frau im Kanzleramt als Inspiration für nachfolgende Generationen
Empfohlene Bücher über Angela Merkel
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Prägende Zitate von Angela Merkel
„Wir schaffen das.“
„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“
„Freiheit ist das Glück, das wir meinen.“
Auszeichnungen und Ehrungen
Im Laufe ihrer politischen Karriere erhielt Angela Merkel zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, die ihre Bedeutung als Staatsfrau unterstreichen:
Jahr | Auszeichnung | Verleihende Institution |
2008 | Karlspreis | Stadt Aachen |
2010 | Leo-Baeck-Medaille | Leo Baeck Institut New York |
2011 | Presidential Medal of Freedom | US-Präsident Barack Obama |
2015 | Person of the Year | Time Magazine |
2019 | Theodor-Herzl-Preis | Jüdischer Weltkongress |
2020 | Henry-Kissinger-Preis | American Academy in Berlin |
2021 | Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland | Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier |
2022 | Nansen-Flüchtlingspreis | UNHCR |
Darüber hinaus erhielt Merkel 17 Ehrendoktorwürden von renommierten Universitäten weltweit, darunter die Harvard University, die Universität Tel Aviv und die Universität Leipzig.
Häufig gestellte Fragen zu Angela Merkel
Warum wurde Angela Merkel „Mutti“ genannt?
Der Spitzname „Mutti“ entstand zunächst als ironische Bezeichnung innerhalb der CDU. Mit der Zeit wandelte sich die Bedeutung und wurde zu einem Ausdruck des Vertrauens vieler Deutscher in ihre Kanzlerin. Merkel verkörperte für viele Bürger Stabilität, Verlässlichkeit und Sicherheit in turbulenten Zeiten – Eigenschaften, die oft mit einer Mutterfigur assoziiert werden. Merkel selbst stand dem Spitznamen allerdings kritisch gegenüber.
Was ist die „Merkel-Raute“?
Die „Merkel-Raute“ bezeichnet die charakteristische Handhaltung Angela Merkels, bei der sie ihre Hände vor dem Bauch zu einer rautenförmigen Geste formt. Diese Geste wurde zu ihrem Markenzeichen und entwickelte sich zu einem Symbol ihrer Kanzlerschaft. Im Bundestagswahlkampf 2013 wurde die Raute sogar auf einem riesigen Plakat in Berlin abgebildet. Merkel selbst erklärte die Geste damit, dass sie ihr helfe, eine gerade Haltung zu bewahren.
Was hat Angela Merkel studiert?
Angela Merkel studierte von 1973 bis 1978 Physik an der Karl-Marx-Universität (heute: Universität Leipzig). Sie schloss ihr Studium mit dem Diplom ab und promovierte 1986 am Zentralinstitut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften in Berlin mit einer Dissertation zum Thema „Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ zum Dr. rer. nat.
Wie lange war Angela Merkel Bundeskanzlerin?
Angela Merkel war vom 22. November 2005 bis zum 8. Dezember 2021 Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland – insgesamt 16 Jahre und 16 Tage. Damit war sie nach Helmut Kohl die am zweitlängsten amtierende Bundeskanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie führte vier Kabinette: Merkel I (2005-2009, Große Koalition mit der SPD), Merkel II (2009-2013, Koalition mit der FDP), Merkel III (2013-2018, Große Koalition mit der SPD) und Merkel IV (2018-2021, Große Koalition mit der SPD).
Was macht Angela Merkel nach ihrer Kanzlerschaft?
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Kanzleramt hat sich Angela Merkel weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sie arbeitet an ihren Memoiren, die unter dem Titel „Freiheit. Erinnerungen 1954–2021“ im November 2024 erscheinen sollen. Gelegentlich nimmt sie an ausgewählten öffentlichen Veranstaltungen teil und äußert sich zu aktuellen politischen Themen. Im Januar 2022 lehnte sie ein Angebot von UN-Generalsekretär António Guterres ab, in einem hochrangig besetzten Beratergremium zu globalen öffentlichen Gütern mitzuarbeiten.