Boris Becker prägte wie kaum ein anderer den deutschen Tennissport. Als jüngster Wimbledon-Sieger aller Zeiten schrieb er 1985 Sportgeschichte und wurde zum Volkshelden. Seine beeindruckende Karriere mit sechs Grand-Slam-Titeln, seine charismatische Persönlichkeit und sein bewegtes Leben abseits des Tennisplatzes machen ihn zu einer der faszinierendsten Sportpersönlichkeiten Deutschlands. Tauchen Sie ein in die Geschichte des „Leimener Löwen“, dessen Einfluss auf den Tennissport bis heute spürbar ist.
Frühe Jahre und Aufstieg zum Tennisstar
Boris Franz Becker wurde am 22. November 1967 in Leimen bei Heidelberg geboren. Als Sohn des Architekten Karl-Heinz Becker und seiner Frau Elvira kam er früh mit dem Tennis in Berührung. Sein Vater, selbst ein begeisterter Tennisspieler, förderte das Talent seines Sohnes von klein auf.
Bereits mit sieben Jahren trat Boris dem Tennisclub Blau-Weiß Leimen bei und trainierte unter Boris Breskvar. Sein außergewöhnliches Talent wurde schnell erkannt, und 1977 nahm ihn der Badische Tennisverband in seinen Jugendkader auf. Die intensive Förderung zahlte sich aus: 1982 wurde er deutscher Tennisjuniorenmeister.
Ausbildung und erste internationale Erfolge
Becker besuchte das Helmholtz-Gymnasium in Heidelberg bis zur mittleren Reife. Seine schulische Laufbahn trat jedoch zunehmend in den Hintergrund, da sein Fokus klar auf dem Tennis lag. 1984 begann er seine Profikarriere und erreichte bei seiner ersten Teilnahme am Grand-Slam-Turnier in Wimbledon die dritte Runde, bevor er verletzungsbedingt ausschied.
Ein wichtiger Meilenstein war sein Sieg im Doppel beim „Orange Bowl“ in Miami 1982, der inoffiziellen Jugend-Weltmeisterschaft. 1985 wurde er in Birmingham Juniorenweltmeister und gewann sein erstes Profiturnier im Queen’s Club in London – ein Vorgeschmack auf das, was folgen sollte.
Karrierehöhepunkte und sportliche Erfolge
Der historische Wimbledon-Sieg 1985
Am 7. Juli 1985 schrieb Boris Becker Tennisgeschichte: Mit gerade einmal 17 Jahren besiegte er im Finale von Wimbledon den Südafrikaner Kevin Curren mit 6:3, 6:7, 7:6 und 6:4. Damit wurde er nicht nur zum ersten deutschen und ersten ungesetzten Spieler, der dieses prestigeträchtige Turnier gewann, sondern auch zum jüngsten Wimbledon-Champion aller Zeiten – ein Rekord, der bis heute Bestand hat.
Dieser sensationelle Erfolg katapultierte den Teenager aus Leimen über Nacht zum Weltstar. In Deutschland löste er einen regelrechten Tennis-Boom aus und wurde prompt zum „Sportler des Jahres“ gewählt. Sein kraftvolles Spiel und seine spektakulären Hechtsprünge – der berühmte „Becker-Hecht“ – begeisterten Tennisfans weltweit.
Grand-Slam-Erfolge und weitere Titel
Beckers Karriere war geprägt von beeindruckenden Erfolgen. Insgesamt gewann er:
- 6 Grand-Slam-Titel (3× Wimbledon, 2× Australian Open, 1× US Open)
- 49 Einzel-Turniersiege
- 15 Doppel-Titel
- 3 ATP-Weltmeisterschaften
- 2 Davis-Cup-Siege mit Deutschland (1988, 1989)
- 1 Olympische Goldmedaille im Doppel (1992 mit Michael Stich)
1986 verteidigte er seinen Wimbledon-Titel erfolgreich gegen Ivan Lendl. 1989 folgte sein dritter Triumph auf dem „heiligen Rasen“ von Wimbledon sowie sein Sieg bei den US Open. 1991 und 1996 gewann er die Australian Open und führte zwölf Wochen lang die Weltrangliste an.
Spielstil und Besonderheiten
Becker zeichnete sich durch seinen kraftvollen, offensiven Spielstil aus. Sein schneller und variabler Aufschlag, der ihm den Spitznamen „Boom Boom Boris“ einbrachte, sowie sein exzellentes Netzspiel machten ihn besonders auf schnellen Belägen wie Rasen und in der Halle zu einem gefürchteten Gegner.
Charakteristisch für sein Spiel waren auch:
- Der „Becker-Hecht“ – ein spektakulärer Hechtsprung beim Volleyspiel
- Die „Becker-Faust“ – seine emotionale Geste nach gewonnenen Punkten
- Der „Becker-Blocker“ – sein präziser Rückhand-Return ohne große Ausholbewegung
Seine emotionale Spielweise und sein Kampfgeist machten ihn bei Fans weltweit beliebt und trugen maßgeblich zu seiner Popularität bei.
Privatleben und Beziehungen
Boris Beckers Privatleben stand stets im Fokus der Öffentlichkeit und war von zahlreichen Höhen und Tiefen geprägt. 1993 heiratete er die Schauspielerin und Schmuckdesignerin Barbara Feltus. Aus dieser Ehe, die 2001 geschieden wurde, gingen die Söhne Noah (geb. 1994) und Elias (geb. 1999) hervor.
Für Schlagzeilen sorgte 2000 die Nachricht über Beckers Tochter Anna Ermakova, die aus einer flüchtigen Begegnung mit Angela Ermakova in einem Londoner Restaurant stammte. Nach anfänglichem Leugnen erkannte Becker die Vaterschaft an und baute im Laufe der Jahre eine Beziehung zu seiner Tochter auf.
Weitere Beziehungen und Familie
Nach der Trennung von Barbara Feltus hatte Becker mehrere kürzere Beziehungen, unter anderem mit Sabrina Setlur und dem Model Caroline Rocher. 2009 heiratete er das niederländische Model Sharlely „Lilly“ Kerssenberg. Im Februar 2010 wurde ihr gemeinsamer Sohn Amadeus geboren. Die Ehe wurde 2018 geschieden.
Seit 2020 ist Becker mit Lilian de Carvalho Monteiro liiert, einer Risikoanalystin mit italienischer Staatsangehörigkeit. Das Paar heiratete im September 2024 im italienischen Portofino. Im selben Jahr gab Becker bekannt, dass sie ein gemeinsames Kind erwarten.
„Meine Kinder sind ein Geschenk Gottes, das Schönste, was es im Leben gibt. Alles ist vergänglich, nur die Familie bleibt.“
Herausforderungen und Kontroversen
Finanzielle Probleme und Insolvenz
Trotz seiner erfolgreichen Karriere und geschätzter Einnahmen von über 100 Millionen Euro geriet Becker in finanzielle Schwierigkeiten. Im Juni 2017 wurde er von einem Londoner Gericht für zahlungsunfähig erklärt. Das Insolvenzverfahren wurde 2019 bis 2031 verlängert.
Die finanziellen Probleme hatten verschiedene Ursachen:
- Kostspielige Scheidungen und Unterhaltszahlungen
- Fehlgeschlagene Geschäftsinvestitionen
- Ein luxuriöser Lebensstil
- Hohe Ausgaben für Personal und Sicherheit
Steuerhinterziehung und Haftstrafe
Im Oktober 2002 verurteilte das Landgericht München I Becker wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 300.000 Euro. Er hatte zwischen 1991 und 1993 Steuern in Höhe von etwa 3,3 Millionen DM hinterzogen, indem er seinen Hauptwohnsitz in München hatte, während er offiziell in Monaco gemeldet war.
Im April 2022 folgte ein weiterer schwerer Schlag: Ein Londoner Gericht verurteilte Becker wegen Insolvenzdelikten zu zweieinhalb Jahren Haft. Ihm wurde vorgeworfen, Vermögenswerte in seinem Insolvenzverfahren verschwiegen zu haben. Nach acht Monaten wurde er im Dezember 2022 vorzeitig aus der Haft entlassen und nach Deutschland abgeschoben.
Im Mai 2024 wurde einem Antrag Beckers, die Bankrotterklärung von 2017 aufzuheben, durch den britischen High Court of Justice in London stattgegeben. Das Gericht würdigte seine Bemühungen, mit seinen Gläubigern zu einer Einigung zu kommen.
Karriere nach dem Tennis
Nach seinem Rücktritt vom Profitennis 1999 blieb Boris Becker dem Sport in verschiedenen Funktionen erhalten und baute sich mehrere berufliche Standbeine auf.
Trainer und Funktionär
Von 2013 bis 2016 trainierte Becker den serbischen Tennisstar Novak Đoković und führte ihn zu sechs Grand-Slam-Siegen. Unter seiner Anleitung vervollständigte Đoković seinen Karriere-Grand-Slam und kehrte an die Spitze der Weltrangliste zurück.
Von 2017 bis 2020 war Becker als „Head of Men’s Tennis“ beim Deutschen Tennis Bund (DTB) tätig und verantwortlich für das männliche Spitzentennis in Deutschland. Nach seiner Haftentlassung kehrte er 2023 kurzzeitig als Trainer des dänischen Tennisspielers Holger Rune zurück.
Medien- und Werbepräsenz
Als Medienprofi war und ist Becker in verschiedenen Rollen aktiv:
- Tennis-Experte und Kommentator für BBC, Premiere, DSF und Eurosport
- Moderator der Talkshow „Becker 1:1“ (2004)
- Kolumnist für das Handelsblatt, den Schweizer Blick und The Times
- Autor mehrerer Bücher, darunter seine Autobiografien „Augenblick, verweile doch…“ (2003) und „Das Leben ist kein Spiel“ (2013)
- Werbegesicht für zahlreiche Marken wie AOL, Mercedes-Benz und D.A.S.
Unternehmerische Aktivitäten
Becker versuchte sich auch als Unternehmer, allerdings mit gemischtem Erfolg. Er war unter anderem beteiligt an:
- Drei Mercedes-Autohäusern in Mecklenburg-Vorpommern (bis 2017)
- Der Völkl Tennis GmbH
- Der Boris Becker GmbH in Küsnacht (Schweiz)
- Dem Internetportal Sportgate (2001 insolvent)
- Der Online-Videoplattform Boris-Becker.TV (2009)
Zudem war er als Pokerspieler aktiv und nahm zwischen 2008 und 2013 an professionellen Pokerturnieren teil, zunächst als Werbeträger für PokerStars, später für partypoker.
Vermächtnis und Einfluss
Boris Beckers Einfluss auf den Tennissport und die deutsche Sportkultur ist unbestreitbar. Gemeinsam mit Steffi Graf löste er in den 1980er und 1990er Jahren einen beispiellosen Tennis-Boom in Deutschland aus. Plötzlich war Tennis nicht mehr nur ein Sport für die Elite, sondern wurde in breiten Bevölkerungsschichten populär.
Auszeichnungen und Ehrungen
Für seine sportlichen Leistungen erhielt Becker zahlreiche Auszeichnungen:
- Deutschlands Sportler des Jahres (1985, 1986, 1989, 1990)
- Europas Sportler des Jahres (1986, 1989)
- Silbernes Lorbeerblatt (1985)
- Aufnahme in die International Tennis Hall of Fame (2003)
- Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports (2015)
Kultureller Einfluss
Beckers Popularität ging weit über den Sport hinaus. Er wurde zu einer Ikone der Popkultur, die auch in Filmen, Musik und Werbung präsent war:
- Wachsfiguren von ihm stehen in den Madame Tussauds Museen in London und Berlin
- Sein Leben wurde 2021 im Fernsehfilm „Der Rebell – Von Leimen nach Wimbledon“ verfilmt
- Das Popduo Bruce & Bongo erwähnte ihn in ihrem Hit „Geil“ (1986)
- Begriffe wie „Becker-Faust“ und „Becker-Hecht“ gingen in den allgemeinen Sprachgebrauch ein
„Boris Becker hat das deutsche Tennis revolutioniert und eine ganze Generation inspiriert. Sein Einfluss auf den Sport ist unermesslich.“
Aktuelle Aktivitäten
Nach seiner Haftentlassung Ende 2022 kehrte Boris Becker schrittweise ins öffentliche Leben zurück. Er lebt derzeit mit seiner Frau Lilian in Mailand und ist weiterhin in der Tenniswelt aktiv.
Medien und Öffentlichkeit
Becker arbeitet wieder als Tennis-Experte für Eurosport und kommentiert große Turniere. 2023 erschien die Dokumentation „Boom! Boom! The World vs. Boris Becker“ des Oscar-prämierten Regisseurs Alex Gibney, die sein Leben und seine Karriere beleuchtet.
Im Jahr 2023 startete er zudem einen Podcast mit der ehemaligen deutschen Tennisspielerin Andrea Petković, in dem sie über aktuelle Tennisthemen diskutieren und Einblicke in die Welt des Profisports geben.
Persönliche Entwicklung
Nach den schwierigen Jahren seiner Insolvenz und Haftstrafe spricht Becker offen über die Lehren, die er aus diesen Erfahrungen gezogen hat. In Interviews betont er die Bedeutung von Familie und Freunden in Krisenzeiten und zeigt sich dankbar für die Unterstützung, die er erhalten hat.
Mit der Heirat mit Lilian de Carvalho Monteiro und der Ankündigung, dass sie ein gemeinsames Kind erwarten, beginnt für Becker ein neuer Lebensabschnitt. Gleichzeitig bleibt er seinen vier Kindern aus früheren Beziehungen ein präsenter Vater.
Karrierestatistiken und Rekorde
Turnier | Siege | Finals | Beste Ergebnisse |
Wimbledon | 3 | 7 | Siege 1985, 1986, 1989 |
Australian Open | 2 | 2 | Siege 1991, 1996 |
US Open | 1 | 1 | Sieg 1989 |
French Open | 0 | 0 | Halbfinale 1987, 1989, 1991 |
ATP-Weltmeisterschaft | 3 | 5 | Siege 1988, 1992, 1995 |
Olympische Spiele | 1 (Doppel) | 1 | Gold im Doppel 1992 (mit Michael Stich) |
Bemerkenswerte Rekorde
- Jüngster Wimbledon-Sieger aller Zeiten (17 Jahre, 1985)
- Erster ungesetzter Spieler, der Wimbledon gewann
- Erster Deutscher, der in der Open Era einen Grand-Slam-Titel im Einzel errang
- 12 Wochen Weltranglistenerster (1991)
- Karriere-Preisgeld: über 25 Millionen US-Dollar
- Karrierebilanz: 713 Siege bei 214 Niederlagen
Zitate und Weisheiten
„Ich habe nicht gegen meinen Gegner gespielt, sondern gegen mich selbst.“
„Am Ende ist es nur ein Spiel. Manchmal vergisst man das.“
„Ich bin auf dem Centre Court in Wimbledon groß geworden. Das ist mein Wohnzimmer.“
Medienpräsenz und öffentliches Image
Boris Beckers Leben wurde von Beginn seiner Karriere an intensiv von den Medien begleitet. Als Teenager-Idol und Sportstar stand er permanent im Rampenlicht, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich brachte.
Wandel des öffentlichen Images
Beckers öffentliches Image durchlief mehrere Phasen:
- 1985-1990: Der unbekümmerte Teenager-Star und Nationalheld
- 1990er Jahre: Der gereifte Sportprofi mit internationalem Profil
- 2000er Jahre: Der Geschäftsmann und Medienprofi mit Skandalen im Privatleben
- 2010er Jahre: Der Tennis-Experte und Coach mit finanziellen Problemen
- Ab 2022: Der geläuterte Comeback-Versuch nach der Haftstrafe
Trotz aller Höhen und Tiefen blieb Becker stets eine faszinierende Persönlichkeit für die Medien und die Öffentlichkeit. Seine Fähigkeit, sich nach Rückschlägen wieder aufzurappeln, hat ihm Respekt eingebracht, auch wenn sein Image durch die finanziellen und rechtlichen Probleme Schaden genommen hat.
Wohltätiges Engagement
Neben seiner sportlichen Karriere engagiert sich Boris Becker auch für wohltätige Zwecke. Er ist Vorsitzender der Laureus Sports for Good Foundation, die benachteiligten Kindern durch Sport hilft, und Gründungsmitglied der Laureus World Sports Awards.
Weitere karitative Aktivitäten umfassen:
- Mitglied im Board der Elton-John-Aids-Stiftung
- Botschafter des Welt-Aids-Tages (2005)
- Mitgründer der Cleven-Becker-Stiftung (bis 2011)
Durch sein Engagement möchte Becker etwas an die Gesellschaft zurückgeben und nutzt seine Bekanntheit, um auf wichtige soziale Themen aufmerksam zu machen.
Häufig gestellte Fragen zu Boris Becker
Wie alt war Boris Becker bei seinem ersten Wimbledon-Sieg?
Wie viele Grand-Slam-Titel hat Boris Becker gewonnen?
Warum musste Boris Becker ins Gefängnis?
Wie viele Kinder hat Boris Becker?
Was macht Boris Becker heute beruflich?
Das Vermächtnis einer Tennislegende
Boris Becker bleibt eine der faszinierendsten Sportpersönlichkeiten Deutschlands. Seine beispiellose Karriere mit dem sensationellen Wimbledon-Sieg als 17-Jähriger, seine sechs Grand-Slam-Titel und sein emotionaler Spielstil haben ihn zu einer Ikone des Tennissports gemacht. Gleichzeitig zeigt sein Leben abseits des Platzes mit all seinen Höhen und Tiefen die Herausforderungen, die mit frühem Ruhm und öffentlicher Aufmerksamkeit einhergehen können.
Trotz aller Kontroversen und persönlichen Rückschläge hat Becker stets Resilienz bewiesen und sich immer wieder neu erfunden. Sein Einfluss auf den Tennissport und seine Rolle als Inspirationsquelle für nachfolgende Generationen von Spielern sind unbestritten. Die Geschichte von Boris Becker ist die eines außergewöhnlichen Talents, das früh zur Legende wurde und dessen Leben die Höhen und Tiefen eines modernen Sportidols widerspiegelt.